Eines Tages wachte Ich auf und es war klar. Die Autorin, die Produzentin und die Akteurin in meinem Lebensfilm war Ich. Noch nie war es so klar. Alle Rollen die Ich gespielt hatte wirkten echt. Mein Lebensfilm war romantisch und wie aus alten Romanen. Ich sah mich durch die bunten Gassen von Nizza wandeln. Ein attraktiver Mann hielt um meine Hand an und steckte mir einen Ring aus Perlmut an den Finger. Fast unwirklich kam es mir vor. War Ich doch im Arbeiterviertel in Pankow aufgewachsen. Das Leben hatte seine Türen weit aufgerissen. Anfangs fühlte sich das neue Land noch fremd an. Ich kannte die Geschmäcker, die Düfte und die Natur noch nicht. Südfrankreich kannte Ich nur aus den Schulbüchern oder von Fotos. Das Licht das in Nizza auf die Küste fiel war besonders. Alle Farben schienen hier viel stärker zu leuchten, als in der grauen Hauptstadt Berlin, in der Ich soviele Jahre verbracht hatte. Oft fragte Ich mich, warum Berlin? In den 80’ern und 90’ern passierte dort soviel Wandel. Vielleicht deshalb? In Südfrankreich jedoch schien die Zeit in vielerlei Weise stillgestanden zu haben. Die kleinen Dörfer wie Tourette sur Loup oder Grasse waren wie verschlafen und wirkten mittelalterlich gepflegt und entschleunigt. Ich genoss es so, diese Verlangsamung. Man beginnt sich wieder zu spüren. Kein Lärm. Viel Stille. Es ist gut in andere Länder zu reisen und andere Kulturen kennenzulernen. Das öffnet nicht nur den Geist, sondern auch das Herz. Wer verstrickt ist in viele Beziehungen oder zu lange an einem Ort verweilt kann blind werden, für die Schönheit des Lebens. Wenn man reist bereichert man nicht nur sich, sondern auch die, die man trifft. Mit denen man sich austauscht. Sprachbarrieren sind die lustigsten. Da kommte man so richtig ins Mensch sein. Man verständigt sich mit Hand und Fuß. Irgendwie gehts immer. Ich mochte es besonders wie viel Zeit man sich nahm zusammen zu sitzen und zu essen. Es wurde bis in die Nacht erzählt und gegessen. Dort lebte man nicht um zu arbeiten, sondern arbeitete um zu leben. Kein Wunder dass diese Gegend soviele Künstler anzog, die das Licht einfingen um es für andere sichtbar zu machen. Ich danke Monet, Cezanne und Co. dass sie sich damals in den Kunstunterricht eingeschlichen haben um ein bisschen von dem Joie de Vivre in unsere jungen Köpfe zu pflanzen. Es hat sich gelohnt
